3. Dilemma: Verhandlung einer vertraglichen Forderung – Antwort
Es ist wahrscheinlich, dass sowohl der Projektleiter wie auch der Projekteigentümer eine Straftat begangen haben. Ersterer hat im Namen des Projekteigentümers und mit der Absicht, einen Profit zu machen, fälschlich behauptet, die Defekte seien die Schuld des Auftragnehmers. Sie waren nicht persönlich involviert und hatten bisher keine Kenntnis dieses Vorfalls. Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass Sie bis zu diesem Punkt haftbar gemacht werden könnten. Wenn Sie jetzt allerdings in das Treffen gehen und den ungerechtfertigten Anspruch befürworten, machen Sie sich mitschuldig. Sie haben eine leitende Position. Sie wissen oder vermuten, dass Ihr Unternehmen kriminell handelt. Es ist Ihre Pflicht, etwas zu unternehmen, um dieses kriminelle Vorgehen zu stoppen. Jeder Moment, in dem das Unternehmen die Auszahlung des Selbstbehalts an den Auftragnehmer weiterhin unrechtmäßig verweigert, ist eine Fortsetzung der Straftat. Sie würden sich sehr wahrscheinlich mitschuldig machen, wenn Sie Ihrer Verantwortung, dem kriminellen Vorgehen ein Ende zu setzen, nicht nachkommen würden. Die Tatsache, dass Sie persönlich von der Straftat profitieren könnten (durch einen Bonus), ändert wahrscheinlich nichts an der zugrunde liegenden kriminellen Ausgangsbasis (da Sie auch dann noch strafbar sein könnten, wenn Sie nicht persönlich profitieren würden). Die Bonussituation versetzt Sie wahrscheinlich in eine noch schlechtere Lage und macht es wahrscheinlicher, dass Sie persönlich strafrechtlich verfolgt und strenger bestraft würden. Sie stehen vor drei Problemen: (1) Wie können Sie verhindern, dass Sie sich persönlich strafbar machen? (2) Wie können Sie verhindern, dass das Unternehmen sein kriminelles Vorgehen fortsetzt? (3) Wie ist mit der Tatsache umzugehen, dass das Unternehmen bereits eine Straftat begangen hat?
Sie sollten Folgendes unternehmen:
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Tun Sie nichts, was Sie persönlich mit der Straftat in Verbindung bringen könnte (d. h. sagen Sie dem Auftragnehmer nicht, dass Sie glauben, der Projekteigentümer sei im Recht, wenn er die Zahlung verweigere).
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Wenn Sie sicher sind, dass der Projekteigentümer die Zahlung zu Unrecht zurückhält, informieren Sie den Auftragnehmer bei dem Treffen, dass die Summe sofort und mit etwaigen Zinsen für die Verspätung ausgezahlt wird. Machen Sie keine Zugeständnisse hinsichtlich des Grundes.
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Wenn Sie sich der Tatsachen nicht sicher sind und diese überprüfen müssen, sagen Sie dem Auftragnehmer bei dem Treffen, dass Sie gerade erst hinzugezogen wurden, sich sofort mit der Sache befassen und in einigen Tagen auf ihn zurückkommen werden. Überprüfen Sie die Fakten und bezahlen Sie den Auftragnehmer sobald wie möglich, wenn es klar ist, dass ihm das Geld zusteht. Fügen Sie auch Zinsen für die verspätete Auszahlung hinzu, so dass dem Projekteigentümer kein Gewinn aus der Zahlungsverzögerung entsteht.
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Lassen Sie sich rechtlich zur Frage beraten, ob der Projekteigentümer durch die Zahlungsverweigerung tatsächlich eine Straftat begangen hat und ob die Kriminalbehörden über diese Tatsache informiert werden sollten, oder ob es gerechtfertigt ist (jetzt, wo die volle Summe ausbezahlt worden ist), die Sache ruhen zu lassen.