6. Dilemma: Lokaler Agent – Antwort

 

Einen Agenten zu beauftragen ist an sich nicht falsch und eine gängige Geschäftspraktik. Wenn ein Unternehmen einen Vertreter vor Ort in einem anderen Land benötigt und keine eigene Niederlassung eröffnen will (die Kosten dafür könnten beträchtlich sein, wenn das Unternehmen in mehreren Ländern verkaufen möchte), kann es einen lokalen Agenten beauftragen. Agenten werden jedoch seit geraumer Zeit von korrupten Unternehmen und Beamten als Mittelspersonen für Bestechungszahlungen verwendet. Dieses Risiko ist wohl bekannt, und es wird international auf breiter Fläche gegen diese Art der Korruption vorgegangen. Bei einigen der bekanntesten nachweisbaren Korruptionsfälle wurden Bestechungsgelder durch Agenten gezahlt. Viele Agenten handeln jedoch legitim und händigen keine Bestechungsgelder aus, es ist also immer noch möglich, einen Agenten zu beauftragen.

 

Es ist an sich nicht falsch, ein Erfolgshonorar zu zahlen. Es kann als Anreiz für gute Arbeit dienen. Für das Unternehmen besteht weniger Kostenrisiko, da das Honorar nur im Falle eines erfolgreichen Ergebnisses gezahlt wird (z. B. wenn dem Unternehmen der Auftrag erteilt wird). Es ist jedoch bekannt, dass Erfolgshonorare die Korruption fördern. Wenn ein Agent weiß, dass seine Bezahlung vom Erfolg einer Projektbewerbung abhängt, ist die Versuchung für ihn groß, diesen Erfolg durch korrupte Mittel herbeizuführen. Die Motivation für korruptes Handeln steigt durch Faktoren wie die Höhe des Honorars und das Ausmaß der Korruption im Land und in der Branche.

 

Die Beauftragung von Agenten auf der Basis eines Erfolgshonorars birgt also ein hohes Risiko. Wenn Sie ein solches Abkommen eingehen und sich später herausstellt, dass der Agent jemanden bestochen hat, um Ihnen der Auftrag zu sichern, könnte angenommen werden, dass Sie und Ihr Unternehmen absichtlich korrupt vorgegangen sind oder sich der Korruptionsgefahr bewusst waren, diese jedoch ignoriert haben. In beiden Fällen kann es passieren, dass Sie persönlich und Ihr Unternehmen strafbar gemacht werden.

 

Es ist daher vorzuziehen, Agenten nicht auf der Grundlage eines Erfolgshonorars zu beschäftigen. Sie können stattdessen versuchen, Aufträge ohne einen Agenten zu gewinnen oder einen lokalen Vertreter beauftragen, der ein Gehalt oder einen akzeptablen Tagessatz bezieht. Wenn es wirklich keine Alternative zum Erfolgshonorar gibt, muss das Unternehmen alles in seiner Macht Stehende unternehmen, um zu verhindern, dass der Agent Bestechungsgelder aushändigt, um dem Unternehmen den Auftrag zu sichern. Zum Beispiel:

 

  • Überprüfen Sie den Agenten sorgfältig, um herauszufinden, ob er ein hohes Korruptionsrisiko darstellt (z. B. durch Internetrecherche, ein Due-Diligence-Unternehmen usw.).

 

  • Besprechen Sie mit dem Agenten, wie wichtig Ihrem Unternehmen korrekte Vorgehensweisen sind und lassen Sie sich mündlich versichern, dass der Agent keine korrupten Handlungen im Zusammenhang mit dem Vertrag ausführen wird.

 

  • Lassen Sie den Agenten im Rahmen seines Agenturvertrags eine Anti-Bestechungsverpflichtung unterschreiben.

 

  • Gewährleisten Sie, dass die durch den Agenten auszuführenden Dienstleistungen legitim sind und korrekt im Agenturvertrag wiedergegeben werden.

 

  • Wählen Sie einen Agenten, der Ihnen auf legitime Art bei Ihrer Projektbewerbung helfen kann (z. B. einen fachlich versierten Agenten, der Ihr Produkt kennt und Sie auf rechtmäßigem Weg unterstützen kann, nicht jemanden, der nur „Türen öffnen“ soll).

 

  • Zahlen Sie Ihm ein Honorar, das seinen legitimen Dienstleistungen angemessen ist (schätzen Sie z. B. die Anzahl der Tage ein, die er für Sie tätig sein wird, berechnen Sie einen angemessenen Tagessatz und gerechtfertigte Gemeinkosten und Spesen, die gemeinsam in die Gesamtsumme einfließen. Fügen Sie dann einen vertretbaren Aufschlag hinzu, mit dem Sie die Möglichkeit abdecken, dass Ihr Unternehmen den Auftrag nicht erhält.) Halten Sie fest, wie Sie zur Gesamtsumme gekommen sind. So haben Sie einen Beleg für Ihren Versuch, ein angemessenes Honorar zu berechnen. So etwas wie einen „akzeptablen Anteil“ gibt es nicht – es zählt nur die tatsächlich ausgehändigte Summe.

 

  • Bezahlen Sie den Agenten im Projektland, nicht offshore.

 

Bedenken Sie, dass es selbst bei allen obigen Vorsichtsmaßnahmen noch vorkommen kann, dass Ihr Agent gegen Ihren Willen korrupt vorgeht. Wenn Sie die o. g. Schritte wirklich unternommen haben, ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass Sie und Ihr Unternehmen strafbar sind. Ihr Unternehmen könnte jedoch noch immer zivilrechtlich verfolgt werden und seinen guten Ruf verlieren, wenn der Auftrag mit korrupten Mitteln erlangt wurde.

 

Wenn Sie mit einem lokalen Jointventure-Partner oder großem Subunternehmer zusammenarbeiten, sollten Sie ähnliche Maßnahmen wie oben treffen, da auch diese Parteien als Bestechungskanäle dienen könnten.